Erleuchtung garantiert

Trailer

Die Brüder Uwe und Gustav suchen Erleuchtung in einem japanischen Zenkloster.

Filmdaten

Deutscher Titel: Erleuchtung garantiert
Originaltitel:
Erscheinungsjahr: 1999
Länge: 95 Minuten

Stab
Regie: Doris Dörrie
Drehbuch: Doris Dörrie, Ruth Stadler
Produktion: Franz Xaver Gerstl

Besetzung
Heiner Lauterbach: Heiner
Anica Dobra: Anica
Gustav Peter Wöhler: Gustav
Ulrike Kriener: Ulrike
Uwe Ochsenknecht: Uwe
Petra Zieser: Petra

Handlung

Das Roadmovie erzählt die Geschichte von zwei Männern, Uwe und Gustav, die in einem Zen-Kloster zu sich selbst finden wollen.
Uwe wird von seiner Frau Petra verlassen, die keinen Sinn mehr in einem weiteren Zusammenleben sieht, da Uwe eher mit sich selbst und seinem Beruf beschäftigt ist und weniger mit seiner Frau und den Kindern. In seiner Verzweiflung wendet sich Uwe an seinen Bruder Gustav, der mit Ulrike verheiratet ist. Gustav arbeitet als Feng-Shui-Berater und hat seit langem geplant, in das Sojin Soin Kloster in Monzen in der Nähe von Tokyo zu reisen, um spirituelle Fortschritte zu machen. Der verzweifelte Uwe überredet ihn, ihn dorthin mitzunehmen.
In Japan angekommen, verbringen sie den ersten Abend in Tokyo und besuchen eine extrem teure Bar. Als die Reklamelichter, die sie als Orientierungshilfe betrachtet haben, erlöschen, finden sie ihr Hotel nicht wieder. Ulrike in Deutschland, die sie telefonisch nach dem Namen des Hotels fragen, bleibt lieber im Bett mit ihrem Liebhaber. Die Brüder übernachten in Kartons auf der Strasse. Am nächsten Morgen verlieren sie einander im Gedränge. Gustav lernt eine Deutsche kennen und findet Uwe bald darauf zufällig wieder. Die Deutsche verschafft ihnen einen Job im Hofbräuhaus in Tokio, so dass sie wieder zu Geld kommen und in das Kloster reisen können, um dort Erleuchtung zu suchen.
Uwe erkennt, dass die strenge Lebensweise der Mönche ihm helfen kann. Die Brüder müssen jeden Morgen um 4:30 Uhr aufstehen, kalte Bäder nehmen, mit Putzlappen über den Boden streichen und das Essgeschirr aufwändig auspacken. Die Rollen werden gewissermassen vertauscht. Denn Gustav gibt unter dem Druck nach, während sich der unvorbereitete Uwe, der nur mitgefahren ist, überraschend anpassungsfähig erweist. Die beiden Brüder verlieren nach und nach die „Kontrolle“ über ihr Leben und lernen, in der Gegenwart zu leben. Wie der Abt von Monzen erklärt, ist Erleuchtung nicht das Erreichen von etwas, sondern das Fehlen von etwas. Im Fall von Uwe könnte es daran liegen, dass er nicht mehr mit seinen Lebensumständen verhaftet ist.
Gustav ist körperlich überfordert und voller Angst, Fehler zu machen. Nach zehn Tagen Strapazen im Kloster sind beide ihrem inneren Ich etwas näher gekommen.

Besprechung

Eine sehenswerte Komödie
In "Erleuchtung garantiert" erzählt Dorris Dorrie die Geschichte der Abenteuer zweier Brüder mit unterschiedlichen Einstellungen und Charakteren auf dem Weg zum und während ihres Aufenthalts im japanischen Monzen-Kloster. Uwe ist ein bodenständiger, etwas pessimistischer und impulsiver Verkäufer. Er steht im Gegensatz zu seinem Bruder Gustav, der zunächst als ruhiger, friedvoller Meditationspraktiker erscheint, der sich dem Zen verschrieben hat. Beide befinden sich in eine Midlife Krise: Während der egozentrische Uwe, der seiner Frau und seinen Kindern gegenüber kein Mitgefühl empfindet, Angst verspürt, nachdem er von seiner Familie verlassen wurde, verläuft Gustavs Leben nicht so reibungslos, wie es scheint. Auf der Suche nach sich selbst plant er eine Reise zum einem Zen-Kloster unweit von Tokio und beschliesst nach zahlreichen Bitten von Uwe, auch seinen Bruder mitzunehmen. In der japanischen Hauptstadt angekommen, werden die Brüder mit unvorhersehbaren Umständen konfrontiert. Ohne einen Pfennig in der Tasche verirren sie sich in der japanischen Megapolis, finden aber schliesslich einen Weg zum Kloster, wo ihr Weg zur Erleuchtung beginnt.
In der Eröffnungsszene des Films machte die Regisseurin den Zen-Kontext des Films deutlich, indem sie singende Kinder mit Laternen zeigt. Zen-Charakteristiken sind im gesamten Film zu sehen: zum Beispiel, wenn die Helden einen Dialog über die Existenz eines Nicht-Selbst (anatman) führen, das für die Zen-Philosophie von zentraler Bedeutung ist. Die primäre Rolle, die in diesem Film der Meditation zugeschrieben wird, beleuchtet beispielsweise die Besonderheiten des Zen. Die Erste Edle Wahrheit, die Gustav zu Beginn rezitiert, ist für diesen Film besonders relevant. Uwe denkt immer wieder über die Gründe nach, warum seine Frau ihn verlassen hat, während Gustav grosse Angst davor hat, keine Fehler zu machen. Wenn sie in Japan in Schwierigkeiten geraten, geraten die Helden des Films in Verzweiflung. Wenn sie zum Beispiel in Pappkartons auf der Strasse schlafen müssen. Sie scheinen an dem materiellen Komfort zu hängen, den sie hatten, was für Menschen wie sie selbstverständlich ist. Aber sobald ihnen dieser Trost entzogen wird, beginnen sie zu leiden, was gemäss der Ersten Edlen Wahrheit ein Bestandteil des Lebens ist.
Dieser Film bietet einen wirklich nützlichen Einblick nicht nur in die Lehre des Zen, sondern auch in das Leben und die Kultur in Japan im Allgemeinen. Die belebten Strassen Tokios stehen im Kontrast zur ruhigen klösterlichen Atmosphäre. Was aber allen Japanern gemeinsam ist, ist die starke Disziplin. Sie ist der japanischen Kultur so innewohnend, dass sie in Geschäften und Restaurants, aber auch im Kloster stark beachtet wird. Dies erklärt wahrscheinlich, warum Uwe und Gustav lange brauchen, um sich an bestimmte klösterliche Praktiken zu gewöhnen, die ihrem Alltag fremd sind. Dennoch erweisen sie sich als fleissig und sind am Ende ihres klösterlichen Abenteuers so verinnerlicht, dass sie sogar Almosen sammeln gehen.
Obwohl die Elemente und Konzepte des Zen in der Geschichte gut dargestellt werden, heisst das nicht, dass Zen dominierendes Thema des Films ist. Vielmehr kann es als Hilfsmittel gesehen werden, welches die Hauptfiguren auf dem Weg zur Erleuchtung begleitet. Erleuchtung sollte in diesem Zusammenhang nicht als Erwachen angesehen werden, das man erreicht, wenn man nach der Buddhaschaft strebt. Stattdessen ist Erleuchtung für die Helden dieses Films etwas Persönliches, das durch Selbsterforschung und Meditation erlangt wird. Es bezieht sich auf ihre Fähigkeit, sich von früheren Bindungen und Ängsten zu befreien, und ermöglicht es den Brüdern, ihr Leben aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Ein solches Verständnis von Erleuchtung zeigt, wie bestimmte Zen-Vorstellungen aus westlicher Perspektive betrachtet werden.
Besonders hervorzuheben ist die Arbeit des Filmteams. Trotz seines bescheidenen Budgets ist es diesem Film gelungen, die Elemente der Komödie, mit Elementen der Dokumentation zu kombinieren, die den Film realistischer erscheinen liessen. Die Transformation, die Gustav und Uwe auf ihrem Weg zur Erleuchtung durchgemacht haben, ist so gut dargestellt, dass der Zuschauer nicht umhin kann, Mitgefühl für diese beiden Brüder zu empfinden.

Insgesamt dürfte dieser faszinierende Film mit seinen naiven und attraktiven Charakteren niemanden gleichgültig lassen. Es bleibt zwar fraglich, ob einem als Zuschauer eine Erleuchtung garantiert werden kann, aber einige Denkanstösse und ein angenehmer Zeitvertreib sind auf jeden Fall garantiert.
aruchan 2018