Abakus und Schwert

武士の家計簿
Bushi no Kakeibo

Haushaltsbuch eines Samurai

Die Geschichte einer Familie

Der Film basiert auf dem Roman "Haushaltsbuch eines Samurai", publiziert 2003 von Michio Kashiwada (*1970), einem Professor für japanische Kulturwissenschaft. Anhand der erhaltenen Buchhaltung einer Samuraifamilie wird deren Geschichte von den Jahren 1840 bis 1920 rekonstuiert und erzählt.
Diese Familie ist seit Generationen im Kaga Han (Kaga Lehen) in Kanazawa in der Buchhaltung des Fürstenhofs beschäftigt. Kanazawa liegt am Fuss der Noto-Halbinsel, die zuletzt 2024 von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde.
Die in der Familie kontinuierlich tradierte Kunst ist nicht die Schwertkunst sondern die Beherrschung des Soroban (japanischer Abakus).

Filmdaten

Internationaler Titel: Abakus und Schwert
Originaltitel: 武士の家計簿 Bushi no Kakeibo - Haushaltsbuch eines Samurai
Erscheinungsjahr: 2010
Länge: 129 Minuten

Stab
Regie: Yoshimitsu Morita
Drehbuch: Michio Kashiwada; Michifumi Isoda (Roman)
Musik: Michiru Oshima

Besetzung
Masako Sakai: Naoyuki Inoyama
Yukie Nakama: Koma Inoyama
Keiko Matsuzaka: Tsune Inoyama
Mashiko Nishimura: Yosanpachi Nishimura
Mitsuko Kusabue: Urgrossmutter
Yuki Katsuragi: Haru Inoyama
Yuki Ito: Inoyama
Mina Fuji: Masa Inoyama
Kaito Oyagi: Naokichi Inoyama als Kind
Masatoshi Nakamura: Nobuyuki Inoyama

Plot

Der Film beginnt im Jahr Meiji 10 (1877). Der Ich-Erzähler Naokichi Inoyama ist Geralzahlmeister der Marine in Tokyo. In seinem Büro erhält er einen Brief von seinem Vater aus Kanazawa mit der Familienbuchhaltung des vergangenen Monats, um diese auf etwaige Fehler zu prüfen.
Dann blendet der Film zurück, erzählt von Naokichis Grossvater, wie sein Vater heiratet und Naokichi zur Welt kommt. Am Ende der Tenpō Ära (1831-1845) gab es in Japan Hungersnöte. Der Vater Naoyuki deckt Schiebereien mit dem Reis für die hungernde Bevölkerung auf und wird daher befördert. Naokichi wird von klein auf am Soroban trainiert, was er hasst und was sich in einem Wutausbruch entlädt.
Aus Gründen, die nicht ganz klar werden, verarmt die Familie. Die Lösung des Vaters ist: Alles Unnötige aus dem Haushalt verkaufen und in Zukunft ein genaues Haushaltsbuch führen. Auch hier wird im Film nicht ganz klar, wie die Sparmassnahmen über die reine Buchführung hinaus kontrolliert und durchgesetzt werden.
Naokichi wächst heran und zu seiner Hakama Feier malt seine Mutter Bilder der Seebrasse auf Papier, als Ersatz für den echten Fisch, den die Familie sich für das Festbankett mit allen Verwandten nicht leisten kann.
Naokichi heiratet und kaum, dass er selbst Nachwuchs bekommen hat, muss er 1866 für das Bakufu gegen Chōshū in den Krieg ziehen. Die "schwarzen Schiffe" des amerikanischen Commodre Perry haben Japan 1853 zur Öffnung seiner Grenzen gezwungen. Nun gibt es kriegerische Auseinandersetzungen zwischem dem Bakufu (Tokugawa Shogunat) und kaisertreuen Daimyaten, die den Tennō wieder als Herrscher einsetzen wollen. Nach den Wirren des Krieges wird Naokichi wegen seiner Fähigkeiten mit dem Soroban und wegen seines organisatorischen Geschicks Generalzahlmeister der Marine und später noch Finanzminister in der Meiji Regierung.
Der Film ist wenig spektakulär, gibt aber interessante Einblicke in die Kultur und Lebensweise am Ende der Edo-Zeit.



Soroban

Der Soroban (算盤 Rechenbrett) ist der japanische Abakus, der auf dem Tisch liegend mit einer Hand bedient wird. Er ist flexibler, aber auch anspruchsvoller in der Bedienung als der in Europa übliche Schulabakus. Im oberen Teil befinden sich zwei Kugeln, die jeweils den Wert 5 haben, im unteren vier oder fünf, die jeweils den Wert 1 haben. Der Soroban geht auf das chinesische Suànpán zurück.
Der Soroban verbreitete sich in Japan seit dem 16. Jahrhundert. Er blieb bis ins 19. Jahrhundert ein unverzichtbares Rechenhilfsmittel für Schule und Beruf. Erst die Schulreformen zu Beginn der Meiji-Zeit konnten ihn kurzzeitig verdrängen. Seit den 1920er Jahren erlebte er eine Renaissance. Erst durch erschwingliche elektronische Taschenrechner büsste er wieder an Bedeutung ein. Er ist in Japan aber noch heute weit verbreitet.
Für die Nutzer des Soroban gibt es ein Rangsystem, das bis zum 10. Dan reicht.

Masseinheiten

Im Film kommen verschiedene japanische Masse vor, für Längen, Flächen, Volumen und für Geld. Eine systematische Übersicht findet sich in der Wikipedia. Das häufig in Samuraifilmen verwendete Koku 石 war ein Standardvolumen Reis von ca. 180 Liter. Man sagte, dass es eine Person ein Jahr lang ernähren würde. Traditionell entsprach ein Koku Reis einem Ryo 両 Geld, das durch eine Goldmünze namens Koban 小判 repräsentiert wurde (die tatsächlichen Preise variierten erheblich, abhängig von der Ernte). Ein Koban hatte ein festes Gewicht von 18,2 Gramm oder 0,64 Unzen Gold. Ein Ryo entsprach 4.000 Mon 文 (runde Kupfermünze mit einem kleinen quadratischen Loch). Die meisten japanischen Währungseinheiten dienten auch als Gewichtseinheiten. Das war auch in Europa üblich, wie z.B. beim britischen Pfund (350 Gramm Sterlingsilber), der deutschen Mark (234 g Feinsilber) und dem französischen Livre (453 g Feinsilber).
Die im Film von Naokichi gefundene Münze von 4 mon würde heute (je nach Umrechnungskonzept) einige wenige Eurocents wert sein. Das Einkommen seines Vaters von 70 koku sollte nominell für die Ernährung von 70 Personen ausreichen, d.h. für die gesamte Familie einschliesslich aller Bediensteten und zusätzlich auch notwendige Warenkäufe finanzieren.

Bakumatsu

Bakumatsu (幕末) bedeutet „Ende des Bakufu“, den letzten Abschnitt der Tokugawa- bzw. Edo-Zeit. Diese Periode reicht von der Ankunft der „schwarzen Schiffe“ von Matthew Perry 1853 und seiner Kanonenbootpolitik bis zur Rückgabe der Herrschaft vom Shōgun an den Tennō 1867.
Es war eine Zeit innerer Unruhen, geprägt von der zunehmenden Unzufriedenheit unter den Samurai über die Politik des Shōgunats, wechselnde Allianzen im Kampf um die Macht, einhergehend mit einer Welle von Nationalismus auf der einen und Interesse für die westliche Moderne andererseits.
Auslöser für den Zusammenbruch des bakufu war die erzwungene Öffnung des Landes und die sogenannten ungleichen Verträge mit den USA 1854 und anderen Westmächten 1858 bis 1860. Mit dem Argument, dass das bakufu bei der Unterzeichnung der Verträge den Tennō nicht ausreichend konsultiert habe, wurde es von seinen politischen Gegnern unter dem Slogan "sonnō jōi 尊皇攘夷" (Ehret den Kaiser – vertreibt die Barbaren!) angegriffen. Insbesondere in den frühen 1860er Jahren wurden zahlreiche Ausländer ermordet.
Das bakufu reagierte mit scharfen Gegenmassnahmen. Es geriet aber zunehmend in die Defensive. Die abtrünnigen Daimyate – allen voran Chōshū und Satsuma – widersetzten sich zunehmend den Anordnungen des bakufu und bauten unter Mithilfe der einstigen Feinde England und Frankreich moderne Armeen auf. Diese waren den Truppen des bakufu überlegen, wie die fehlgeschlagene Strafexpedition gegen Chōshū 1866 zeigte. 1867 gab der Shōgun schliesslich die Macht an den Kaiser zurück. Mit Kaiser Mutsuhito unter der Regierungsdevise Meiji trat Japan in ein neues Zeitalter ein. Lediglich wenige Getreue des bakufu versuchten noch einmal, im Boshin-Krieg Widerstand zu leisten, unterlagen jedoch nach kurzer Zeit.
Die Ursachen für den Zusammenbruch des bakufu sind nach vorherrschender Meinung jedoch komplexer als die Ankunft der militärisch überlegenen Westmächte und liegen zu einem grossen Teil in den gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Problemen der Edo-Zeit.

Brokatbanner

Im Film wird das "unbesiegbare Nishiki-No-Mihata (錦の御旗, das Banner aus goldenem Brokat)" von den Chōshū Truppen auf dem Schlachtfeld gehisst. Einige Samurai-Clans in Südjapan hatten beschlossen, den Shogun zu stürzen, der sich ihrer Ansicht nach charakterlos an die Amerikaner verkauft hatte, indem er Kommodore Perry erlaubte, Japan mit vorgehaltener Waffe dazu zu drängen, über 200 Jahre nationaler Isolation zu beenden und einen demütigenden Handelsvertrag zu unterzeichnen.
So wie es sich in Europa kein König leisten konnte, Truppen gegen den Papst zu schicken, würde es kein Japaner wagen, gegen den Kaiser zu den Waffen zu greifen, da die Bezeichnung „Feind des kaiserlichen Hofes“ mit der Exkommunikation als „Feind der Kirche“ im Westen vergleichbar war. Daher liessen mit dem Hissen dieses Banners viele in der Armee des Shoguns sofort ihre Waffen fallen.

Bilder aus dem Film

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