Silence

Schweigen

Szenen

Silence 2016

Filmdaten

Deutscher Titel: Silence
Originaltitel: Silence
Erscheinungsjahr: 2016
Länge: 155 Minuten

Stab
Regie: Martin Scorsese
Drehbuch: Martin Scorsese, Jay Cocks. Nach dem Roman von Shosaku Endo "Chinmoku" (Schweigen) von 1966
Musik: Kim Allen Kluge, Katherine Kluge

Besetzung
Andrew Garfield: Pater Sebastião Rodrigues
Adam Driver: Pater Francisco Garupe
Issey Ogata: Inquisitor Inoue Masashige
Tadanobu Asano: Dolmetscher
Ciarán Hinds: Pater Alessandro Valignano
Liam Neeson: Pater Cristóvão Ferreira
Shin’ya Tsukamoto: Mokichi
Yoshi Oida: Ichizo
Yōsuke Kubozuka: Kichijiro
Nana Komatsu: Mónica (Haru)

Plot

1638 in Portugal. Die beiden jungen Jesuiten Rodrigues und Garupe reisen gemeinsam nach Japan, um Rodrigues ehemaligen Mentor, den prominenten Jesuiten Cristóvão Ferreira, ausfindig zu machen. Gerüchten zufolge soll Ferreira der Apostasie verfallen sein.
Ihr Weg führt sie zuerst in die portugiesische Kolonie Macau. Sie lernen den Japaner Kichijiro kennen und segeln mit seiner Hilfe heimlich nach Japan. Dort werden sie in dem Dorf Tomogi von einer im Untergrund lebenden christlichen Gemeinde empfangen und versteckt.
In Tomogi haben die Inquisitoren mittlerweile mehrere Dorfbewohner festgenommen und verlangen entweder den Tod von vier Konvertiten oder die Auslieferung der Jesuiten. Schliesslich werden drei Dorfbewohner an Holzkreuze am Meeresufer gefesselt und durch die Flut getötet. Rodrigues und Garupe beschliessen, Japan auf getrennten Wegen wieder zu verlassen.
Rodrigues wählt den Weg über das Festland, abseits der Dörfer. Schliesslich trifft er Kichijiro wieder, wird aber von ihm an den Inquisitor Inoue verraten und festgenommen. Dessen Männer bringen Rodrigues zusammen mit anderen konvertierten Christen in ein Gefängnis in Nagasaki.
Inoue ist der Meinung, dass das Christentum nicht nach Japan passe. Er sieht dessen Bekämpfung als unangenehme, aber notwendige Aufgabe an. Als Zeichen für die Abkehr vom christlichen Glauben verlangt er von den Konvertiten, mit dem Fuss auf ein Bild Jesu zu treten.
Rodrigues trifft schliesslich auf Ferreira, der inzwischen unter japanischem Namen in einem buddhistischen Kloster lebt. Ferreira verleugnet das Christentum und unterrichtet die Buddhisten in Astronomie. Ausserdem schreibt er an einem Buch, in dem er die Fehler des Christentums aufzeigt. Rodrigues verachtet ihn dafür.
Die noch lebenden Konvertiten werden einer speziellen Folter unterzogen. Inoue verlangt als Bedingung für ihre Begnadigung, dass Rodrigues dem Christentum abschwört und ebenfalls auf das Jesusbild tritt. Auch Ferreira redet auf ihn ein. Rodrigues weigert sich zunächst, hat dann aber eine Vision, in der Jesus sagt, er dürfe dies tun. Rodrigues tritt auf das Bild, und die Konvertiten werden begnadigt.
Rodrigues nimmt einen japanischen Namen an. Seine und Ferreiras Aufgabe ist es nun, Handelsgüter der Niederländer auf christliche Symbole zu prüfen. Regelmässig muss Rodrigues schriftlich bezeugen, dass er kein Christ mehr ist. Ihm werden eine japanische Ehefrau und der Name ihres verstorbenen Ehemannes zugewiesen. Nach vielen Jahren stirbt Rodrigues und wird nach buddhistischem Brauch bestattet. Seine Witwe steckt dem Leichnam vor der Verbrennung ein Kruzifix zu (eine Idee von Scorsese und anders als im Roman).

Hintergrund

Japan war unter dem damaligen Herrscher Toyotomi Hideyoshi (1537-1598) zunächst neuen religiösen Strömungen gegenüber relativ offen. Die Portugiesen, denen die "Nutzung" Japans 1494 vom Papst im Vertrag von Tordesillas zugesprochen worden war, trieben regen Handel, und die Jesuiten machten sich als Übersetzer unentbehrlich.
Bereits 1549 hatte der Begründer der Jesuitenmission Francisco de Xavier Japan besucht und in Yamaguchi (West-Honshū) erste Missionsschulen errichtet. Von ihm ist überliefert, dass er "unter den Heiden" kein Volk gefunden habe, welches dem Christentum zugänglicher sei als die Japaner.
Vor allem viele einfache Japaner wurden friedlich zum Christentum bekehrt, da Christen ungeachtet des sozialen Standes ein Aufstieg in den Himmel in Aussicht gestellt wurde. Das war eine Revolution im strikten Ständesystem Japans, in dem insbesondere die Bauern kaum Rechte besassen. Auch einige ranghohe Feudalherren (Daimyō) übernahmen den christlichen Glauben, der trotzdem eine Religion der unteren Bevölkerungsschichten blieb.
Ein Grossteil der japanischen Feudalherren blieb dem Christentum gegenüber misstrauisch, da die Anerkennung der Kirche als höchster Autorität als Angriff auf die bisherige japanische Machtordnung betrachtet wurde. Dieses Misstrauen erhielt durch den in Japan gestrandeten englischen Seefahrer William Adams weitere Nahrung.
Adams, der als Engländer und Protestant das katholische Portugal als feindliches Land betrachtete, klärte Tokugawa Ieyasu, den späteren Alleinherrscher Japans, darüber auf, dass Portugal bereits in der Vergangenheit das Christentum genutzt habe, um die Einwohner fremder Länder gegeneinander aufzuhetzen, um diese Länder am Ende schliesslich ganz zu kontrollieren. Tokugawa reagierte mit der Abschliessung Japans, was sich zunächst vor allem gegen die Spanier und Portugiesen richtete. Lediglich den Angehörigen der niederländischen Ostindien-Kompanie wurde der Aufenthalt auf einer kleinen, streng abgeriegelten Insel gestattet. Die Niederländer waren nur am Handel interessiert und hatten keine Ambitionen, ihr lukratives Geschäft durch Bekehrungsversuche oder Einmischungen in die japanische Politik zu gefährden. Nach dem christlich geprägten Shimabara-Aufstand (1637-1638) wurde auch das Christentum verboten.
Christen mussten zurückkonvertieren oder wurden getötet. Um Christen aufzuspüren, zogen bewaffnete Truppen durchs Land, die alle Einwohner eines Dorfes zwangen, z. B. auf ein Bild der Jungfrau Maria zu treten, was katholischen Christen als Sakrileg galt. Binnen kurzer Zeit wurden zehntausende Konvertiten getötet und der Rest in den Untergrund getrieben. Diese "Kakure Kirishitan" konnten ihre Religion nur noch im Verborgenen ausüben. Bei Entdeckung durch die Obrigkeit drohte die Hinrichtung der gesamten Familie. Trotzdem blieb das Christentum in kleinen Enklaven lebendig, wobei sich im Laufe der Jahre eine abgewandelte Liturgie und eigene Gebete entwickelten.
Der Film wurde im April 2013 nach 23 Jahren Vorarbeit endlich begonnen.
Die Premiere fand am 29. November 2016 in der Vatikanstadt statt. Dabei wurde Scorsese von Papst Franziskus empfangen. Zur Premiere lud Scorsese rund 300 Mitglieder des Jesuitenordens ein.
Der Film kostete 46 Millionen US-Dollar und spielte 23 Millionen US-Dollar ein. Für den amerikanischen Markt ist die Geschichte uninteressant, es taucht kein Amerikaner im Film auf. Auch sind die Glaubensfragen, mit denen sich die Jesuiten auseinandersetzen, für Nicht-Katholiken wenig interessant.
Während der Film für die einen die Absurdität der christlichen Missionierung Japans zeigt, beweist er für andere den mitleidigen Christus, der sich sogar verleugnen lässt, um die Menschen zu retten.
Silence folgt eng dem Roman Chinmoku (1966) des japanischen Autors Endō Shūsaku (1923-1966). Diese wurde 1971 zum ersten Mal von Mashiro Shinoda verfilmt. Der Roman beschreibt historische Ereignisse. Pater Ferreira lebte von 1580 bis 1650 und legte nach Folterungen in Japan seinen christlichen Glauben ab. Die Figur von Rodrigues basiert auf der Person des italienischen Jesuiten Giuseppe Chiara, der in Japan tätig war.
Weitere Informationen zur Missionierung Japans finden sich bei Bernhard Scheid von der Universität Wien.

Engelbert Kaempfer

Der Berichterstatter Dieter Albrecht am Ende des Films basiert auf dem Deutschen Engelbert Kaempfer aus Lemgo, der von 1683 bis 1693 als Angestellter der Holländischen Ostindien Compagnie eine Forschungsreise über Russland und Persien nach Indien, Java, Siam und schliesslich Japan unternahm. Er sammelte zahlreiche Kenntnisse zur Geographie, Natur, Gesellschaft, Religion, Politik, Verwaltung sowie den Wissenschaften und Künsten der bereisten Regionen. Seine Schriften gelten als wichtige Beiträge zur frühmodernen Erforschung der Länder Asiens. Sie prägten zugleich das europäische Japanbild des 18. Jahrhunderts und dienten bis ins frühe 19. Jahrhundert vielen Forschungsreisenden als Referenzwerk.
Die Abbildung zeigt das Buch von Kaempfer über Japan und den Zug (Prozession) der Niederländer aus Dejima der einmal im Jahr von Nagasaki nach Edo zum Shogun führte. Person Nr. 15 ist Engelbert Kaempfer.

Kaempfer

Nach Kaempfers eigenen Worten hat er in sein Werk "nichts aus meiner eigenen Phantasie Geschöpftes hereingebracht, nichts was nach der Schreibstube schmeckt und nach der Studierlampe riecht. Ich beschränke mich darauf, allein das zu schreiben, was entweder neu oder von anderen nicht gründlich und vollständig überliefert ist. Als Forschungsreisender hatte ich kein anderes Ziel, als Beobachtungen von Dingen zu sammeln, die uns nirgends oder nicht genug bekannt geworden sind." Das 900 Seiten umfassende Werk richtet sich an die europäische Gelehrtenwelt und besteht aus fünf Büchern: Der grössere Teil ist Persien gewidmet, der Rest bezieht sich auf Japan.
Grosses Aufsehen erregte Kaempfers Abhandlung über die japanische "Abschlusspolitik", die in den Amoemitates Exoticae erstmals publiziert und im Anhang der History of Japan und der folgenden Editionen weit verbreitet wurde. Sein Bild einer genügsamen, fleissigen und unter der strengen Herrschaft des Kaisers (Shōgun) harmonisch zusammenlebenden Gesellschaft, die sich zu ihrem Schutz von der Welt zurückgezogen habe, prägte das europäische Japanbild weit über das 18. Jahrhundert hinaus. Bei der Übersetzung der niederländischen Version dieser Abhandlung prägte der japanische Dolmetscher Shizuki Tadao im Jahre 1801 wegen der Komplexität des langen Kaempferschen Titels den neuen Terminus SAKOKU (鎖国, Landesabschluss), der zum Schlüsselbegriff in der japanischen Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts werden sollte.